Auch am letzten Wochenende wurde es uns kaum langweilig. Von unseren Freunden Sibylle und Beat bekamen wir die Einladung, frühmorgens um 6.00 Uhr zusammen eine Bootsfahrt auf dem Ganges mit Sonnenaufgang zu machen. Der Sonnenaufgang auf dem Ganges ist einfach magisch und so habe ich trotz der frühen Zeit sofort zugesagt.
Natürlich musste ich Finian und Linus aus dem Bett zerren. Und da Linus die halbe Nacht über Bauchweh geklagt hatte, waren wir recht müde.
Sobald man aber am Assi-Ghat steht und um 6.00 Uhr die Feuerzeremonie beobachtet, ist man wieder hellwach. Linus klagt leider immer noch über starke Bauchschmerzen und ich hoffe nur, dass er nicht auf dem Boot Durchfall bekommt (der Durchfall und die Kötzlete begannen erst in der darauf folgenden Nacht!).
Alles geht gut. Und bereits nach ein paar Minuten auf dem Fluss, sehen wir ein paar mal ganz kurz den Rücken eines Ganges-Delphins. Sie sind schwarz und recht selten zu sehen. Was für ein Glück! Wir sind zwei Stunden auf dem Boot und können uns von allem rund um uns herum kaum satt sehen.
Alle Inder, die ich kenne, stehen zwischen 4.00 und 6.00 Uhr auf. Obwohl die Sonne erst um 6.45 Uhr aufgeht, sind bereits hunderte Menschen am Wasser, um zu beten, die Wäsche zu waschen, sich selbst zu waschen oder ihren Geschäften nachzugehen. Alles ist spannend und so vergisst auch Linus seine Bauchschmerzen.
Als wir nach zwei Stunden vom Boot gehen, zeigt Linus auf einen Polizisten. Da Beat fliessend Hindi spricht, übersetzt er dem Polizisten die Frage, die Linus sofort gestellt hat. Er möchte wissen, wo sein Gewehr ist. Inder sind sehr kinderfreundlich und so hat er Linus liebevoll in die Backe gekniffen, ihn an der Hand genommen und zu einem anderen Polizisten geführt, der ein Maschinengewehr umgehängt hat. Und weil Linus so Freude daran hat, durfte er das schwehre Gewehr auch gleich halten. Auch fotografieren ist erlaubt (beim Zürcher Flughafen, vor unserem Abflug, durften wir nicht einmal ein Bild von den Sicherheitsleuten schiessen). Ja, in Indien ist vieles möglich. Linus ist überglücklich und sehr stolz!
Nach den vielen Erlebnissen sind wir alle zusammen in unser Lieblingsrestaurant gegangen. Die Pizzeria am Assi-Ghat. Dort gibt es «pancakes with sugar» für Finian und «curd with honey» für Linus. Es ist 8.30 Uhr, alle sind zufrieden und wir fragen uns, was der junge Tag wohl noch bringen wird.
Ich beschliesse, dass wir nun endlich in einen der kleinen Juwelierläden in der Nähe gehen und mir schöne Zehenringe aus Silber besorgen. Zusammen mit den Fussketteli an beiden Füssen ist es nun somit klar, dass ich verheiratet bin. Diesen Schmuck bekommt die Braut an ihrer Hochzeit und wird immer getragen. Sobald ich meine Fussringe trage, bekomme ich von vielen Inderinnen Komplimente und anerkennende Worte. So gehöre ich ein kleines bisschen mehr dazu.
Auf dem Rückweg begegnen wir einem Bettler mit zwei dressierten Affen. Die Augen der Affen wurden mit Kajal schwarz umrandet, damit sie ein wenig wie Hanuman (der Affengott) aussehen. Finian und Linus haben an der kurzen Show Freude und ich wünschte mir, dass es auch hier einen Tierschutz geben würde.
Um 16.00 Uhr habe ich mit meiner indischen Freundin Maria abgemacht. Nach zweieinhalb Jahren können wir das erste mal wieder in Ruhe sprechen und uns austauschen. Doch leider kommt es trotzdem nicht richtig dazu. Finian und Linus sind langsam müde und völlig überdreht (es war unmöglich, sie zu einer Mittagspause zu bewegen). Sie machen nur Blödsinn und ich muss sie dauernd zurechtweisen. Ich habe mich richtig für sie geschämt und ich war wütend und traurig, dass ich nach so langer Zeit mich nicht richtig auf Marias Worte konzentrieren konnte. Es gibt Momente, da wünschte ich mir eine Kinderauszeit! Für die privaten Gespräche braucht man einfach einwenig Ruhe und genügend Zeit - etwas, das durch die Kinder leider zu kurz kommt.
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